Die 1909 in Göhren/Rügen geborene Ruth Bahls konnte dank ihres gesellschaftlichen Umfelds, (ihr Vater war Kapitän), des Besuchs der in Göhren 1919 gegründeten Privatschule, der Kontakte mit bedeutenden Persönlichkeiten (die als Sommergäste in Göhren weilten) eine glückliche, sie rational und emotional sehr bereichernde Kindheit und Jugend verbringen.
Sie sah in diesen Voraussetzungen (und auch in der Tatsache „hier auf Mönchgut leben zu dürfen“) aber auch immer eine PFLICHT, von dem Empfangenen viel weiterzugeben.
Sie erhielt nach Studien an Pädagogischen Akademien die Befähigung für das Lehramt an Grundschulen. in ihrer wissenschaftlichen Abschlussarbeit beschäftigte sie sich mit der regionalen Mönchguter Geschichte, die in den „Baltischen Studien“ veröffentlicht und von Heimatforschern außerordentlich gewürdigt wurde.
1939 kehrt sie für immer auf „ihre“ Insel Rügen zurück und erhält 1943 in Middelhagen eine Lehrstelle. Viele Jahre später wird Ruth Bahls hier 1986 ein SCHULMUSEUM eröffnen und die Schulgeschichte Mönchguts umfassend dargestellen. Die dazugehörende alte Hofanlage mit Hallenhaus und Katen wird gleichzeitig museal genutzt.
Ihren Bildungsauftrag verstand sie stets verknüpft mit einem zielgerichteten Erziehungsauftrag: Die Entwicklung der gesamten Persönlichkeit unter Einbeziehung Mönchguts mit der einmaligen historischen, ökonomischen und kulturellen Besonderheit und gipfelte in dem Wunsch, die unverwechselbaren Zeugnisse dieser Region vor dem Untergang zu bewahren.
Damit war nicht nur eine didaktisch hervorragende Wissensvermittlung garantiert, sondern auch stets die Erziehung der ihr anvertrauten Schüler zu festen Lebensnormen, zu gesellschaftlichen Werten, zur Heimatliebe.
Ruth Bahls wollte durch ein Anschaulich-Machen und Begreifen-Können eines Unterrichtsgegenstandes die Achtung und die Ehrfurcht vor der Leistung der Vorfahren wecken und verinnerlichen. Diese Methode führte sehr bald zu vielen von den Schülern mitgebrachten Lebens- und Arbeitsgegenständen. Systematisch wurde dieses Sammelgut ergänzt; so konnte Ruth Bahls beharrlich und schrittweise ihre Idee von der Bewahrung des Kulturgutes verwirklichen.
Sie fand kompetente Freunde und Weggefährten (wie z.B. Herrn Prof. Dr. Heinz Kliewe, Herrn Dr. Wolfgang Rudolph und viele andere), aber auch Göhrener Einwohner und ehemalige Schüler standen ihr -zumeist an Wochenenden – hilfreich zur Seite.
So konnte das 1963 mit dem HEIMATMUSEUM begonnene Ensemble 1971 mit dem MUSEUMS-HOF, 1977 mit dem ROOKHUS und 1982 mit dem MUSEUM-SCHIFF „Luise“ fortgesetzt werden.
Außerdem dehnte Ruth Bahls ihre Aktivitäten auch mehr und mehr auf ganz Rügen aus; so trug sie vielerorts zum Erhalt architektonisch bedeutsamer Gebäude bei und rettete historische Denkmale vor dem Verfall.
Von besonderer Bedeutung ist auch die Mitherausgabe und die Mitarbeit von Ruth Bahls an der „Mönchgut-Studie“. (Dr. KLiewe schlug 1986 auf dem 1. Mönchguter Landschaftstag vor, eine allgemeinverständliche, wissenschaftlich fundierte Landschaftsstudie zu erarbeiten, die als Grundlage für weitere Gestaltungsmaßnahmen erforderlich sei. Viele namhafte Autoren erklärten sich zur Mitarbeit bereit.) Drei umfangreiche Kapitel ( Hausformen und Bevölkerung; Aus der Siedlungsgeschichte; Kultur- und Lebensweise) stammen von Ruth Bahls. Diese 1990 erschienene Landschaftsstudie ist für die Museumsleitung, für den Förderverein, für viele interessierte Mönchguter ein unentbehrliches Arbeitsmaterial geworden. Die Aufgabe an uns wurde durch die Herausgabe dieser Studie folgendermaßen formuliert: „Man kann die natürlichen Werte, die Natur- und Kulturdenkmale dieser Landschaft zwischen Ostsee und Greifswalder Bodden nur dann bewusst erleben, engagiert erhalten und zielgerichtet pflegen, wenn man mit ihrer natur- und kulturgeschichtlichen Entwicklung hinreichend vertraut ist. Mögen diese Kenntnisse und Erkenntnisse zur Wertschätzung, zur bewussten Erhaltung und zum Schutz sowie zur nachhaltigen Pflege der einmaligen Mönchguter Landschaft beitragen!“
So hat uns Ruth Bahls aus der Fülle ihres Herzens, ihres Wissens und Könnens, durch ihre Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit immer und immer wieder reichlich beschenkt. Die Bewahrung ihres Lebenswerkes ist uns Aufgabe und Verpflichtung.
Text: Margot Mandelkow, Ehrenbürgerin der Gemeinde Mönchgut